August 13

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Jagdtrieb beim Hund

By Christine Ströhlein

August 13, 2024

Antijagdtraining, Hundebeschäftigung, Hundespiel, Jagdersatztraining, Jagdhund, Jagdtrieb, Jagdverhalten, Ressourcen, Strukturen, Windhund

Jagdtrieb beim Hund ist ein tief verwurzelter Instinkt, der bei vielen Rassen stark ausgeprägt ist und ursprünglich dem Überleben diente. Obwohl Haushunde heute nicht mehr jagen müssen, kann der Drang, Reize zu verfolgen, im Alltag zu erheblichen Problemen führen. Ein unkontrollierter Jagdtrieb birgt nicht nur Gefahren für den Hund selbst, sondern auch für andere Tiere und Menschen. Als verantwortungsvoller Hundebesitzer ist es daher unerlässlich, das Jagdverhalten seines Hundes zu verstehen, in richtige Bahnen zu lenken und durch geeignete Maßnahmen im Griff zu haben.

 

Hunde mit Jagdtrieb

 

Jagdtrieb manifestiert sich in verschiedenen Phasen, die je nach Hunderasse unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Sie reichen vom Orientieren, dem Aufspüren der Beute über Augen, Ohren oder Nase, über das Fixieren und Hetzen bis hin zum Fangen und Fressen. Bei manchen Rassen, beispielsweise Windhunden, ist das Hetzen besonders stark ausgeprägt, während Retriever darauf gezüchtet wurden, Beute ohne Beschädigung zu apportieren. Bracken und Laufhunde wie der Beagle wiederum sind Meister im Verfolgen von Fährten über weite Strecken; wohingegen Terrier – etwa Jack Russell – aufgrund ihrer erwünschten Hartnäckigkeit und Energie für das Töten kleinerer Tiere eingesetzt werden.

 

Jagdverhalten verstehen

 

Hundebesitzer müssen also unbedingt die individuelle Jagdverhaltenskette ihres Vierbeiners verstehen sowie einschätzen lernen, wann der Jagdtrieb aktiviert wird und wie sie darauf reagieren müssen. Denn im Alltag unserer heute fast ausschließlich in der Familie gehaltenen Hunde mit ausgeprägtem Jagdtrieb kann dieser Instinkt schnell zu unerwünschtem Verhalten führen, etwa wenn der Hund plötzlich Wildtiere und sogar Radfahrer und Jogger verfolgt. Dies ist nicht nur gefährlich für alle Beteiligten, sondern auch rechtlich problematisch.

  1. Suchen: Der Hund nimmt die Fährte eines potenziellen Beutetiers auf.
  2. Fixieren: Der Hund konzentriert sich auf die Beute und verfolgt sie mit den Augen.
  3. Hetzen: Sobald die Beute flüchtet, jagt der Hund ihr hinterher.
  4. Packen und Töten: Der Hund fängt die Beute und tötet sie.
  5. Zerlegen und Fressen: Der Hund zerlegt die Beute und frisst sie.

 Windhund auf einer Fährte 

 

Antijagdtraining oder Jagdersatztraining

 

Jagdtrieb beim Hund lässt sich nicht wirklich „abstellen“, aber mit den richtigen Trainingsmethoden durchaus kontrollieren. So bietet zum Beispiel Nasenarbeit eine effektive Möglichkeit, den natürlichen Instinkt in geordnete Bahnen zu lenken. Rassetypische Aktivitäten wie Dummytraining (mit geeignetem Apportel oder Futterbeutel), Mantrailing oder Fährtensuche fordern den Hund geistig und körperlich und stärken gleichzeitig die Bindung zum Besitzer. Auch Übungen zur Impulskontrolle und Frustrationstoleranz sind wichtig, um dem Hund beizubringen, nicht sofort jedem Bewegungsreiz nachzugeben. Ein zuverlässiger Sitzpfiff als Stoppsignal oder sicherer Rückruf sind zudem das A und O, um einen Hund auch in jagdlich reizvollen Situationen kontrollieren zu können. Dieses Training sollte so früh wie möglich beginnen und konsequent in unterschiedlichem Kontext geübt werden. Ein verantwortungsvoller Halter wird seinen Hund in Bereichen, in denen ein hoher Jagdreiz besteht, natürlich dennoch an der Leine führen oder mit einer Schleppleine sichern.

Fundiertes Training, das die natürlichen Instinkte des Hundes berücksichtigt und klare Regeln setzt, ist somit der Schlüssel zu einem harmonischen Zusammenleben mit einem jagdlich motivierten Hund. Wie bei jeden anderen Übungen ist positive Verstärkung auch hier die effektivste Methode, da sie erwünschtes Verhalten fördert und ganz nebenbei die Bindung zwischen Hund und Besitzer enorm stärkt.

 

Ein Beispiel aus dem Jagdersatztraining

 

Jagdersatztraining ist nicht nur eine Trainingsmethode, sondern eine Wertehaltung dem Hund gegenüber, welche die von Menschen oft zitierte und erwünschte Beziehung, Bindung also grundsätzlich die Kooperationsbereitschaft des Hundes erheblich und nachhaltig stärkt. Mit JET wird dank positiver Verstärkung dem unerwünschten Jagdverhalten wirksam und nachhaltig begegnet. JET fördert die Stärken des Hundes und hemmt ihn, im Gegensatz zu den üblichen Vorstellungen bei traditionellen Trainings gegen Jagdverhalten (Antijagdtraining), nicht.

Jagdersatztraining funktioniert deshalb so wirksam, weil man individuelle Bedürfnisse des Hundes befriedigt. Im JET unterstützt man Verhalten, die der Hund sowieso in seinem Verhaltensrepertoire hat. Er muss sie nicht neu lernen. Wir geben dem Verhalten, das er zeigt, einen Namen. Das bedeutet, wir stellen das Verhalten unter Signalkontrolle.

Um zum Erfolg zu kommen, muss die Bezugsperson die hundliche Körpersprache gut wahrnehmen und einschätzen können, und Kenntnisse zum Lernverhalten beim Hund haben.

 

Jagdersatztraining "Die Mausefalle"

 

Die Rückwärtssuche

 

Die gezielte Suche nach nicht essbaren Gegenständen, bekannten und fremden, unbedeutenden Gerüchen, sind komplexer im Aufbau. Wir lassen beim Laufen einen Gegenstand auf dem Weg fallen (z.B. den Autoschlüssel), laufen mit dem Hund weiter, „bemerken, dass wir etwas verloren haben“, und schicken den Hund zurück zum Suchen. Hunde, die es kennen, etwas suchen zu müssen, verstehen sehr schnell, um was es geht. Ansonsten gehen wir mit dem Hund zurück und zeigen ihm den verlorenen Gegenstand, belohnt wird zuerst sofort bei Sichtung, dann beim Schnuppern am Gegenstand. Später kann das Apportieren dazukommen, ebenso der Zeitabstand zwischen verlieren und suchen lassen.

Wichtig ist es, die Rückwärtssuche immer auf dem gelaufenen Weg zu arbeiten, nie abseits im Wald oder der Wiese. Damit machen wir dem Hund durch Jagdersatzhandlungen den sonst eher langweiligen Weg schmackhaft.

Tipp: als Schlüsselanhänger verwendet man am besten ein kleines Dummy oder ähnliches, damit die Hunde den Schlüssel besser tragen können. Sie lernen das „Verloren-Konzept“ (Eigengeruchsidentifikation) über die Zeit mit Wiederholungen und suchen dann verschiedene Gegenstände, die nach ihren Menschen riechen, zum Beispiel Geldbeutel, Taschentücher, Schmuck, Handschuhe, …

 

Und noch ein Wort zur Kastration

 

Sexualhormone dämpfen aufgrund eines anderen, wichtigeren Fokus die Handlungsbereitschaft zur Jagd. Bei jagdlich motivierten Hunden kann also eine Kastration genau das Gegenteil bewirken, nämlich ein noch ausdauernderes, gesteigertes Jagdverhalten.

Auch Stress kann Jagdverhalten auslösen, was sich vor allem dann zeigt, wenn ein Hund immer in einem bestimmten Kontext oder nach einer bestimmten Zeitspanne zu stöbern beginnt. Stressbedingt ist Jagdverhalten auch oft dann, wenn der Hund an der Leine Frust hat und deshalb jedem Reiz folgen möchte (häufig bei Tierschutzhunden, die keine Leine kennen). In solchen Fällen muss unbedingt auch an der Entspannung gearbeitet werden! Und eventuell die Leinenlänge überdacht werden (kurze Leine oder Schleppleine – beides hat Vor- und Nachteile).

 

Link zur Geschichte „Auf der Jagd nach dem großen Gefühl“ von Nadin Matthews / www.dogument.de

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